»Eine besondere Selbstverständlichkeit«
Fast wie selbstverständlich gehört sie mittlerweile zu einem Werdegang als Berufsmusiker dazu: eine Akademiestelle in einem Symphonieorchester. Warum, ist schnell erklärt: In einer Akademie wird das gemeinsame Musizieren in einem großen Orchester geschult – die perfekte Ergänzung zur fachlich-musikalischen Ausbildung an den Musikhochschulen im In- und Ausland. Aber: Kann man das gemeinsame Musizieren wirklich erlernen, so wie das kleine Einmaleins? Seit 2010 widmen sich die Bamberger Symphoniker mit der Joseph-Keilberth-Orchesterakademie dieser Aufgabe, um jungen Musikerinnen und Musikern den Einstieg in das Leben als Berufsmusiker zu erleichtern. Das Besondere der Akademie in Bamberg ist ihre Ausrichtung: Konzertprojekte mit namhaften Solisten und Dirigenten, Rundfunkaufnahmen und CD-Produktionen oder sogar eine Orchestertournee – die Akademisten sollen in ihrer maximal zweijährigen »Lehrzeit« in Bamberg darauf vorbereitet werden, was es bedeutet, ein vielseitiger Orchestermusiker zu sein.
»Die Kollegen erfassen Situationen so schnell. Sie können gleichzeitig das lesen, was in den Noten steht, zum Dirigenten und Konzertmeister schauen und allen anderen zuhören. Das finde ich wirklich faszinierend und davor habe ich allerhöchsten Respekt.« Lukas Richter, Akademist Kontrabass (2015 - 2016)
Multitasking – nur ein Stichwort aus dem hohen Anforderungsprofil eines Berufsmusikers. Hinzu kommen die nahezu perfekte Beherrschung des Instruments, Musikalität, Disziplin, geistige und körperliche Fitness und die Fähigkeit, blitzschnell zu reagieren, falls im Konzert irgendeine Unwägbarkeit eintritt. Aber all diese Anforderungen lassen sich nicht in einem Blockseminar »Orchesterspielen« mit PowerPoint-Präsentation und Thesenpapier beibringen. Daher heißt es in Bamberg: Übung macht den Meister! Mit ihren Pultnachbarn erarbeiten die jungen Nachwuchsmusiker das jeweilige Programm und ergänzen diese Arbeit durch Einzelunterrichtsstunden bei Stimmführern des Orchesters, Workshops im Bereich mentales Training oder Körperarbeit sowie Probespieltrainings. Einen weiteren Höhepunkt stellt das gemeinsame Kammerkonzert dar, bei dem die Akademisten mit Musikern aus den Reihen des Orchesters eigene Programme erarbeiten. Das Vertrauen auf und das tatsächliche Abrufen der eigenen Leistung im richtigen Moment will gelernt sein.
»Was Orchesterspielen tatsächlich bedeutet, was wirklich schwierig ist, das habe ich erst hier kennengelernt.« Johanna Stier, Akademistin Oboe (2014 - 2016)
Die böhmische Klangtradition des Orchesters an die nachfolgende Genera¬tion weiterzugeben – auch das bedeutet Orchesterspielen in Bamberg. Und so ist das Besondere einer Akademie am Ende vielleicht genau dieser Austausch: zwischen universitärer Lehre und Arbeitsalltag, zwischen Jung und Alt, zwischen Musikerinnen und Musikern innerhalb eines Klangkörpers.